Erste Ansätze
Sie versuchte in den folgenden Tagen zu formulieren, welche Zusammenhänge sie bereits in ihrem System erkannt hatte: Wenn sie in der Vergangenheit einen Schritt in Richtung Sicherheit gemacht hatte, wurde dieser durch Druck/Bestrafungen von Innenleuten oder Außentätern wieder zunichte gemacht. Danach folgten meist Rückschritte/Resignation/Angst/Schmerz und schlussendlich wieder Aufgabe ihrer Sicherheitsbemühungen… bis es so schlimm wurde und der Schmerz und die Hoffnungslosigkeit zu groß wurden (eventuell bis zu Suizidabsichten – oder durchgeführten Suizidhandlungen) und der ganze Kreislauf von vorn begann.
Carlotta versuchte, so ehrlich wie möglich zu sein. Auch kleinste Details ihrer inneren Vorgänge zu notieren, um dadurch vielleicht einen neuen Ansatzpunkt mit Hilfe von Frau Sommer zu finden.
Es wurden 11 Seiten.
Leider ließ die Reaktion ihrer Täterloyalen durch diese Analyse nicht lange auf sich warten (wie zu erwarten). Sie musste wieder zum Nähen ins Krankenhaus.
Trotzdem konnte sie in der nächsten Sitzung mit Frau Sommer ihre Erkenntnisse besprechen. Frau Sommer sah in dem Inhalt dieser 11 Seiten viele wichtige Details und fand toll, dass Carlotta so viel und ehrlich geschrieben/erkannt hatte.
Obwohl Carlotta in der Therapie nun an den Vorbedingungen für ihren Schutz arbeitete, konnte sie sich doch nicht gegen die nächtlichen Aktionen ihrer Täterloyalen wehren. Immer und immer wieder fand sich Carlotta hinterher in einem katastrophalen körperlichen und psychischen Zustand in ihrer Wohnung wieder vor – mit großen Zeitlücken… teilweise über mehrere Tage.
Genau da versuchten Carlotta und Frau Sommer anzusetzen und die Anteile ausfindig zu machen, die für Kontakt-Halten zuständig waren. Das stellte sich als sehr, sehr schwierig heraus und der Druck stieg fast ins Unermessliche. Selbstverletzungen und Kotzen standen wieder im Mittelpunkt als Reaktion auf Nachforschungen und Therapiearbeit.
Sie schrieb in ihr Tagebuch:
„Komme im Moment mal wieder gar nicht klar mit uns. Habe fast keine Kontrolle mehr. Treibe so durch’s Leben und weiß zwar, wo es hingehen soll… aber es klappt einfach nicht. Jeder Tag ein großes Problem… die Katastrophe lauert hinter jeder Ecke. Nur noch mit Medis wegknallen und dann blöd und high vorm TV rumhängen oder schlafen geht doch auch nicht. Und dann dieses ewige Schneiden und Fressen und Kotzen… Ich halte das einfach nicht aus verdammt! Alles erscheint mir wieder viel zu viel zu sein und macht Stress. Aber dabei schaffe ich ja nicht mal irgendwas. Fühle mich sowas von wertlos… all meine Ansätze sind so schwer und doch ohne Ergebnis. Wenn ich wenigstens sagen könnte, dieser ausgelöste Druck durch meine Versuche wäre zu akzeptieren, weil es irgendwo Resultate gibt. Aber nee… noch nicht mal irgendwas funktioniert hier. Warum? Warum komm ich nicht weiter? Was muss ich verändern? SCHEISSE verdammte… Muss ich vielleicht echt mal ALLES riskieren, um etwas zu erreichen? Aber was ist, wenn es schief geht? Wünsche mir gerade echt einen Lebenswegweiser, der mir den Weg zeigt, der überlebbar ist…
Wo soll das bloß alles enden?„
Trotz immer weitergehender Übergriffe, die Carlotta einfach nicht eingrenzen konnte, ging es in der Therapie weiter… auch wenn parallel immer wieder tief geschnitten wurde, gekotzt wurde und es auch immer wieder zu suizidalen Krisen kam. Über mehrere Wochen änderte sich an diesem Zustand rein gar nichts… bis sich ein kleiner Opferanteil mit Kontakt-Halte-Programm offenbarte und berichtete, warum sie so agierte.
Und auch der dunkle Anteil Bruno begann sich in die Therapie mit einzubringen. Zwar nicht in friedlichen Absichten… eher um Frau Sommer und Carlotta klarzumachen, dass sie nun mal langsam aufhören sollten und den Bestrafungen weichen sollten… aber immerhin redete er und ermöglichte so Einsichten in diesen Bereich von Carlottas System. Er stand selbst sehr unter Druck, denn er war verantwortlich für die Geheimhaltung und später war zu erfahren, dass er zu der Zeit selbst von den Tätern bestraft wurde, weil er das System laut Tätermeinung nicht genug im Griff hatte.
Mit Frau Sommer ging es irgendwie leichter, an solchen grundlegenden Hindernissen zur Einigung zu arbeiten, weil sie offen dafür war und mit Carlotta mit dem arbeitete, was gerade da war – nicht an Zielen, die viel zu hochgegriffen waren. Allerdings betonte sie auch immer wieder, dass sie diese Arbeit ambulant nicht dauerhaft machen wolle aus Gründen der Sicherheit. Und somit war Herr Ahlfeld immer noch das Ziel.
Durch diese Entwicklung und Offenlegung einiger Themen näherte Carlotta sich immer mehr der Möglichkeit an, wieder mit Herrn Ahlfeld in der Klinik zu arbeiten.
Es wurde ein Vorgespräch vereinbart, in dem geklärt werden sollte, was genau er erwartete und auf welchem Stand Carlotta und Co. inzwischen waren. Carlotta selbst schrieb auch eine Liste, was sie brauchte, um sich auf einen erneuten Versuch einzulassen. Allein die Terminvereinbarung zum Vorgespräch löste wieder so viel Chaos aus, dass Frau Sommer Carlotta einweisen wollte, um startende Selbstzerstörungsprogramme einzudämmen. Doch Carlotta wollte nicht… sie wollte es wenn dann aus eigener Kraft bis zum Vorgespräch schaffen. Es kostete zwar wieder zwei Mal Blut und auch zwei Krankenhausaufenthalte mit Nähen, aber sie schaffte es ohne geschlossenen Aufenthalt.
Sie schrieb während der Zeit kurz vor dem Vorgespräch:
„Vorgespräch… Angst und Hoffnung zugleich... Angst davor, dass er ja sagt… dass das unseren Kampf noch mehr anheizt. Ich kann doch so schon fast nicht mehr! Angst davor, dass er nein sagt → Enttäuschung, hoffnungsloser Fall… Angst, dass wir das letzte bisschen Kraft dann nicht mehr investieren können, wenn wir uns abgelehnt fühlen.
Und doch auch Hoffnung… dass er unsere kleinen Ansätze zu würdigen weiß… dass er sieht, wo es weitergehen kann… dass er vielleicht sein hartes Regime etwas runterfahren kann.
Andererseits… wir werden als Wrack bei ihm ankommen… dieser Kampf kostet sooo viel. Das wird nicht den besten Eindruck hinterlassen, wenn wir schon so kämpfen müssen – allein um ein Vorgespräch führen zu können. Was sagt das darüber aus, wie das werden wird, wenn es nicht „nur“ um ein Vorgespräch, sondern um die Aufnahme geht!?
Außerdem hab ich heute die gesamte, vergangene Zeit mit Herrn Ahlfeld im Tagebuch gelesen und bin mir gar nicht so sicher, ob wir wirklich weiter sind. Die Dinge, die er gefordert hatte und voraussetzt, könnte ich auch heute nicht einhalten.
Ich hab sogar Angst, was noch alles vor dem Vorgespräch passieren könnte, weil das so unberechenbar und unkalkulierbar ist. Letztes Mal sind wir ja nicht angekommen, sondern sind in der Nacht davor auf der Intensivstation gelandet. Dabei wollen wir doch einfach nur leben! Ich hoffe einfach, keine falschen Schritte zu tun, denn das könnte echt das Letzte sein, was wir tun. Soweit ist es schon gekommen… mann mann.„
Am gleichen Morgen des Vorgespräches hatte Carlotta noch ein unterstützendes Gespräch mit Frau Sommer, um das folgende Gespräch vorzubereiten, Innies/Meinungen zu ordnen und die große Aufregung zu minimieren.
Dort erzählte Frau Sommer Carlotta, dass sowohl Herr Ahlfeld als auch sie nicht davon ausgingen, dass der eventuell kommende Klinikaufenthalt der letzte wäre und sofort Umzug, Namensänderung nach sich ziehen würde. Sie beide würden eher mit Ab- und Einbrüchen rechnen. Sie sagte, dass das Teil des Planes wäre, den Ausstieg nicht zu schnell und radikal zu machen, damit der Druck und die Bestrafungen nicht zu schlimm werden würden. Carlotta verunsicherte das einerseits sehr – andererseits nahm es auch etwas Druck „der letzten Chance“ und Angst vor dem Abschied von allem.
Es war schon als großer Erfolg anzusehen, dass Carlotta wirklich schaffte, das Vorgespräch mit Herrn Ahlfeld wahrzunehmen. Das Gespräch gestaltete sich allerding schwierig. Carlotta berichtete ganz ehrlich von der letzten Zeit, obwohl sie ihm gern etwas Positiveres erzählt hätte, um ihn davon zu überzeugen, dass sie soweit wäre, um mit ihm weiter arbeiten zu dürfen und den Schutz der Klinik in Anspruch nehmen zu dürfen. Sie berichtete sowohl von den Fortschritten als auch von den Selbstverletzungen, Suizidversuchen, Täterkontakten, Essverhalten, Bestrafungen und Aufenthalten auf der Station in Weinfurt. Sie erzählte, was sie sich von dem Klinikaufenthalt erhoffte – nämlich einen Schutzraum und Therapie, dass die Täterloyalen sich frei von Zwang durch die Täter umentscheiden könnten. Auf seine Frage, ob das denn auch ALLE wollten, antwortete sie wahrheitsgemäß, dass sie das nicht beantworten könne, aber sie wisse, dass etwas passieren müsse, da nun auch die Täterloyalen bereits bestraft worden wären. Dann zählte Herr Ahlfeld seine Regeln auf:
- Er könnte mit Zweiflern reden und auch leben, aber Therapiestörer würde er nicht dulden.
- Er erwarte, dass sie folgende Regeln während des Klinikaufenthaltes einhalten würde: – kein Ausgang – keine Besuche – kein Handy – keine Benutzung des Stationstelefons – keine Post (oder nur in Anwesenheit von ihm öffnen und zeigen) – keine Suizidabsichten (wenn, dann sollte sie es sofort melden) – keine schwarzen Klamotten – keine Gothic-Musik – möglichst normales Essverhalten – keine Selbstverletzungen
- Bei Zuwiderhandlungen würde sofort geschlossene Unterbringung oder sogar Therapieabbruch drohen.
- Er erwartete, dass Carlotta alles offen machte, was bei Täterkontakten passierte: – vorher – wer beteiligt wäre – wie oft – welches Ausmaß – wie die Kontaktaufnahme vonstatten ginge – wer gehorchte – wer was ertrüge – wo Programme wären – wie Druck ausgeübt werde.
Er beendete seine Forderungen mit dem Satz: Dass er nur so wisse, wo er ansetzen könne. Dass länger Augen zu machen nicht ginge.
Carlotta & Co hätten nun 3 Wochen Zeit zu diskutieren, ob sie sich darauf einlassen könnten oder nicht.
Carlotta fuhr wie betäubt nach Hause und wusste, dass alles, was ihr möglich war, trotz aller Anstrengungen noch sehr weit von seinen Forderungen entfernt war. Sie verfiel in den kommenden Tagen in einen tauben, wortlosen, hoffnungslosen Zustand… und versuchte trotz der winzigen Hoffnung, mit Frau Sommer in zwei anstatt einem Wochentermin seinen Forderungen näher zu kommen. Sie erstellte eine neue Persönlichkeitslandkarte, versuchte zu unterscheiden zwischen ausstiegswillig und unwillig und diskutierte Herrn Ahlfelds Bedingungen mit ihren Innenleuten über ne Menge Listen und Zettel.
Sie schrieb in ihr Tagebuch:
„Dieses ewige Hin und Her um diese Bedingungen… dieser ewige Kampf… diese unzähligen unterschiedlichen, sich widersprechenden Meinungen… dieser Druck, die ständigen Drohungen und Ausbrüche von Innen… dieses Schneiden und Kotzen… dieser Todeswunsch einiger… diese Bestrafungen der Täter. Das macht mich wahnsinnig. So langsam denke ich, ich kann da eh nichts tun… nicht eingreifen. Meine Aufgabe ist es wohl, einfach zumindest etwas Funktion aufrecht zu halten; Abstand zu halten; zu akzeptieren, was ich eh nicht ändern kann und zu gucken, dass wir das irgendwie überleben. Ich bin soooo leer. Und doch manchmal so voll mit Trauer über das Ganze, dass ich nur heulen könnte. Aber noch nicht mal das wird etwas. Der Weg fehlt mal wieder total… es sind zwar Versuche da, denn Aufgeben ist auch keine Lösung… aber ich muss zugeben, dass die Hoffnung auf die Regel-Akzeptanz und damit den möglichen Klinikaufenthalt wirklich nur megawinzig ist. Ich fürchte, ich seh das eh schon scheitern. Obwohl ich es anders himmlisch finden würde. Nur weiß ich einfach nicht, wie ich da hinkommen soll. Ich würd mir wünschen, es würde mich jemand mal da abholen, wo wir gerade stehen, und nicht irgendwas fordern, wo wir nicht hinkommen. Fühle mich so hilflos, ohnmächtig… könnte nur heulen. Aber was würde das bringen? Wir können uns nicht leisten, jetzt niedergeschlagen zu sein. Wir müssen weiter… kämpfen und nicht aufhören. Da gibt es noch so viel… auch wenn die Umstände so scheiße sind. Wir müssen einfach weiter, sonst sind wir schneller tot, als wir gucken können.„
Mit ihrer ambulanten Wohnbetreuerin Frau Trümmer versuchte Carlotta zwar mit einer völlig hoffnungslosen Grundstimmung und dennoch trotzig genug, um nicht aufzugeben, etwas für ihre Sicherheit zu tun. Sie wollte Verbindungen zur Familie unterbrechen, die noch über Versicherungen, Verträge usw. bestanden. Diese kündigte sie und schloss sie neu ab.
Desweiteren lief nun Carlottas Krankengeld aus und es benötigte einiges an schriftlichem Aufwand, um die weitere finanzielle Absicherung zu gewährleisten. Carlotta musste infolgedessen auch ihr Auto verkaufen, da sie nun durch ihre Arbeitsunfähigkeit in die Grundsicherung rutschte.
Sie sah ihr Leben förmlich in Schutt und Asche zerfallen.
Sie schrieb in ihr Tagebuch:
„Es geht alles immer und immer mehr kaputt. Was ist schon Geld, Job und ein gefährdeter Wohnplatz im Vergleich zu dem, was wir erleben??? Ich habe das Gefühl, unser Körper besteht nur noch aus Schmerz. Das alles macht mich so fertig. Alles geht mir verloren… es rinnt mir durch die Finger… und ich kann anscheinend nur zugucken, obwohl ich mich so anstrenge. Es ist einfach nicht genug! Manchmal möcht ich einfach nur schreien, heulen, wüten und mir Schutz, Sicherheit, Freiheit, Hilfe und Gerechtigkeit einfordern! Und doch kann ich nur bewegungsunfähig und wortlos dastehen und mitansehen/mitfühlen, was passiert. Wir wollen doch verdammt noch mal leben!!! Aber anscheinend ist jeder Schutz auch immer gefährlich und bringt neues Unheil mit sich.„
Als dann auch noch durch einen Trigger im Fernsehen neue sehr, sehr dramatische Erinnerungen an eine Babyopferung auftauchten und gleichzeitig der 4wöchige Sommerurlaub von Frau Sommer anstand, war die Katastrophe fast perfekt.
Tränen Ein Blick in den Spiegel von oben nach unten, von rechts nach links, von früher bis heute, von heute in die Zukunft. Eine Träne quillt bitter. Unruhig wieg ich mich. Und doch erstarren wir. Vergebens in der Not. Wider Willen ziehen Strudel. Zerstören die Ruhelosigkeit. Nebel verhüllen die Welt. Ein Lachen ist abgewöhnt, die Freude entrissen – vielleicht nie gelebt! Unser Sinn ist zu, das Herz ist tot. Der Geist entflieht, wird verschlungen im Augenblick der Gewalt. Doch nur wir scheinen das durch unsere tränenverquollenen Augen zu erblicken. Ihr seht uns mit einer Maske bedeckt. Maskenfeste, an denen wir bald zugrunde gehen. |
Carlotta versuchte, über sinnlose Ablenkung und machen, machen, machen ihren Zustand zu halten. Sie versuchte, sich zu zwingen „zu leben“. Sie unternahm mit ihrem Mitbewohner Jannis viel, ging Schwimmen (obwohl sie sich das im Normalzustand nie getraut hätte), putzte, sortierte, ging nachts aus, antwortete auf Kontaktanzeigen, kaufte sinnloses Zeug… alles völlig chaotisch und übertrieben/getrieben ohne jegliche Kontrolle. Sie setzte sich immer kleine Teilziele, die sie noch erleben wollte… denn sie spürte, dass ihre Tendenzen wieder sehr in Richtung „Ruhe haben wollen“/„tot sein“ gingen. Dieses Getriebene, Chaotische und diese ewig auftauchenden Gedanken „bringt eh nichts“ bei allem was sie tat oder auch nicht tat, machten ihr große Angst.
Doch sie schaffte, die Urlaubszeit von Frau Sommer zu überstehen. Leider fühlte sie sich danach durch die Täterkontakte während ihrer Urlaubszeit weiter denn je von ihrem Vorhaben, sich den Regeln von Hern Ahlfeld anzunähern, entfernt und hatte auch eine Zugehörigkeitstätowierung der Sekte an sich neu entdeckt, die sie schockierte.
Frau Sommer hatte in der ersten Stunde nach ihrem Urlaub keine guten Nachrichten für Carlotta. Zuerst eröffnete sie Carlotta, dass fast alle ambulanten Therapiestunden aufgebraucht wären und die Krankenkasse einen weiteren Antrag abgelehnt hatte, und dann berichtete sie, dass sie sich mit Herrn Ahlfeld über die neuesten Entwicklungen ausgetauscht hätte. Sie berichtete fast schon traurig, dass Herr Ahlfeld einer Aufnahme in seiner Klinik nicht zugestimmt hätte. Als Grund gab er an, dass weiterhin keine Einigkeit herrschte, was er sich anhand von weiteren, nicht von innen verhinderten Täterkontakten, Suizidalität, bestrafenden Selbstverletzungen, Essverhalten erklärte.
Auch Frau Sommer sagte, dass ihre Taktik, den Ausstieg langsam zu machen, eindeutig gescheitert wäre und nun etwas anderes folgen müsse. Sie sagte, sie wäre sehr traurig, wie sich die Lage zugespitzt hätte und würde versuchen, sich noch einmal mit der DIS-Spezialistin Frau Huskamp auszutauschen. Für Carlotta brach infolgedessen ihre eh schon sehr wacklige Welt endgültig zusammen. Sie schrieb in ihr Tagebuch:
„Alles verläuft wie im Film. Ich bin gar nicht richtig da. Es ist einfach zu krass… überlegen geht gar nicht mehr. Es ist alles außer Kontrolle und so fürchterlich niederschmetternd. Jetzt geht es irgendwie nur noch ums Durchkommen… es geht um nichts anderes mehr.
Vor allem auch zu sehen und zu hören, dass Frau Sommer selber auch total hilflos und traurig davor steht und sagt, dass wir wohl alle die Heftigkeit der Kontrolle der Täter auf uns unterschätzt haben. Puhh! Sie kämpft zwar voll dafür, dass es irgendwo/irgendwie eine Perspektive für uns gibt… aber so richtig weiß sie auch nicht weiter. Ich habe die Befürchtung, wir haben das Ende bald erreicht.„
Carlottas Mitbewohner Jannis bekam zu dieser Zeit alles hautnah mit und machte sich große Sorgen um Carlotta und bekam gleichzeitig Wutausbrüche, warum denn anscheinend niemand eingriff. In seiner Not wandte er sich an seine Betreuerin, die ihrerseits einen Psychologen einschaltete und es zu einigen Gesprächen kam. Sie entschieden, dass eine Bedrohungslage vorliegen würde und so die Schweigepflicht nicht länger galt, und wollten die Polizei einschalten. Als Carlotta davon erfuhr, startete sofort ein Programm in ihr. Zwar konnte Jannis, nachdem er sah, was das auslöste, erreichen, dass die Polizei doch nicht eingeschaltet wurde, und doch war etwas losgetreten in Carlotta. Sie registrierte diese plötzliche Systemverschiebung in sich und versuchte noch, Hilfe von Frau Sommer zu bekommen. Sie schrieb ihr eine SMS und versuchte zu erklären, was da los war, doch Frau Sommer unterschätzte die Situation und sendete beruhigende Worte mit dem Inhalt „sich nicht verrückt zu machen, wegen dem Wort Polizei… dass ja nun nichts passiere in der Hinsicht“.
3 Tage später wachte Carlotta auf der Intensivstation wieder auf. Blutdruckmesser, EKG, Infusion, Katheter, Sauerstoff, Fixierung, und wurde einen Tag später auf die geschlossene Station in Weinfurt verlegt.
Carlotta versuchte sofort, Kontakt zu Frau Sommer zu bekommen. Bei dem ersten Telefonat wirkte Frau Sommer sehr bedrückt und fast traurig und sagte, dass sie die Wirkung der Situation mit der drohenden Polizei-Einschaltung unterschätzt hatte. Sie wollte sich ihrerseits einmal umhören, welche Traumakliniken noch in Frage kämen, da Herr Ahlfeld Carlotta ja abgelehnt hatte.
Frau Trümmer, Carlottas Wohnbetreuerin, und das gesamte Team waren durch den erneuten Suizidversuch Carlottas in heller Aufregung und berieten sich über andere Möglichkeiten der Wohnunterbringung.
Durch die Unterbringung auf der geschlossenen Station fühlte sich Carlotta aber kein Stück sicherer. Sie schrieb in ihr Tagebuch:
„Weiß auch nicht. Seitdem ich hier bin, habe ich keine Bodenhaftung mehr. Renne so rum, mal hier, mal da, und mein Kopf funktioniert nicht mehr. Weiß auch nicht, was diese vielen Tabletten wieder angestellt haben: Bin total durcheinander, innen geht alles so undefinierbar schnell, nichts ist geordnet und behalten kann ich auch nichts. Habe schon auch Bedarf genommen und mein Zimmer wurde auf Schneidezeug untersucht, aber es läuft alles nebenbei, als wenn ich damit gar nichts zu tun habe. Kopfmäßig kriege ich nichts geregelt. Alle drehen hier durch. Gestern war lang Luka vorne und hat unseren Kopf ständig gegen die Wand geschlagen. Ich konnte nichts tun. Musste es geschehen lassen.
Eigentlich will ich hier nicht bleiben. Das Personal ist mal wieder typisches Klapsenpersonal. Keine Ahnung von nichts, aber trotzdem ne Meinung. Mist, es passiert grad so viel Unkontrolliertes. Selbst wenn die uns gehen lassen würden, würde ich das allein zu Haus nicht geregelt kriegen.„
Durch diesen wenig kontrollierten Zustand kam es trotz Überwachung zu so tiefen Schnittverletzungen, dass Carlotta 2 Mal zum Nähen ins Krankenhaus musste Es kam sogar gerade mal einen Tag später zu einem Versuch, sich zu erhängen. Mara hatte versucht sich mit dem Gürtel ihres Strickmantels am Schrank zu erhängen. Es wurde jedoch früh genug bemerkt und sie konnte befreit werden. Ärzte kamen auf die Station, Carlotta wurde fixiert und in diesem Zustand durch Sanitäter ins Krankenhaus zur HNO-Untersuchung gebracht. Glücklicherweise war nichts Schlimmes verletzt – bis auf Schluckbeschwerden, Würgemale, Schwellungen und einer angeschlagenen Stimme.
Durch diese destruktiven Durchbrüche hatte Frau Trümmer nun natürlich noch einmal mehr den Beweis, dass das ambulant betreute Wohnen zu wenig Unterstützung war.
Bei ihrem nächsten Besuch auf Station teilte sie Carlotta mit, dass es so, wie es derzeit lief, nicht funktionierte und die gesamten Betreuer im Team entschieden hätten, das mit Carlotta abzubrechen. Carlotta reagierte erwartungsgemäß sehr heftig darauf:
„Fuck! Warum kommt denn alles zusammen gerade und hört nicht auf. Wird nur noch schlimmer und schlimmer. Heute war von Anfang an schon ein heavy Tag und dann jetzt DAS mit Trümmer-Arsch! Erst meinte sie so „Tut mir so leid… wie schlimm“ und so. Und dann kommt sie mit der Wahrheit um die Ecke. Die schmeißen mich raus! Und überlegen immer noch, die Polizei einzuschalten! Ich bin echt voll ausgetickt und hab sie so angeschrien. Die kapieren doch echt nichts!
Ich raff es nicht. Alles rinnt mir durch die Finger und ich kann nichts tun. Wie soll ich denn das alles überleben, wenn eine Unterstützung nach der nächsten wegbricht? Schwierigkeiten grad mit dem Geld, aus der betreuten WG rausgeflogen, ambulante Therapiestunden werden nicht weiter bewilligt, Herr Ahlfeld will uns auch nicht mehr. Die Täter hinter uns her… wir völlig unkontrolliert. Was ist das für eine Welt? Was ist das für ein Leben? Komm da echt grad nicht klar drauf.
Am besten nicht nachdenken, was in unserem Zustand grad eh nicht geht. Fühlt sich fast wie vogelfrei an. Noch viel schlechter geht es ja fast nicht mehr.„
In den folgenden Tagen lief Carlotta völlig in ihrer eigenen Welt im Stationsalltag mit und funktionierte einfach wie eine tote Marionette. Ihre Gefühle waren abgeschaltet. Sie wirkte taub und so als hätte sie längst aufgegeben; sich all dem ergeben.
Erstorbene Hoffnung löst bibbernde Angst ab. Beißende, geißelnde Panik, die das Fleisch lähmt und schmerzt. Erstarrte Blicke in einer toxischen Zeit, die die Seelen zum Chaos werden lassen. Herausgetrennte Zungen, unfähig zu wispern – und doch so laut. Sporen im Kopf – bezugslos. Zerstobenes Flimmern in der Brust – unlesbar, undefiniert. Schwarzes Geschmier – spaltend, fürdie Erkenntnis. Zerrinnende, zerstörende Antwort auf alles für die Gegenwart und Ewigkeit: „Unkraut stirb ewig, aber nie.„ |
Kurze Zeit später brachte Carlotta noch all ihren letzten Mut und die wenige verbleibende Kraft auf und es reifte in ihr der Entschluss, alles dafür zu tun, entlassen zu werden. Sie fühlte sich wie eine Gefangene, eine ausgelieferte Person mit keinen Handlungschancen, aus der geschlossenen Station heraus etwas tun zu können. Sie wollte, wenn sie schon keine Kontrolle über ihr Innerstes hatte, zumindest etwas mehr Klarheit in ihren äußeren Bedingungen erreichen wie: den Antrag auf Grundsicherung stellen, versuchen, weitere ambulante Therapiestunden von der Krankenkasse zu erkämpfen und sich um einen neuen Wohnplatz bemühen. Sie hätte zwar gedacht, die WG wäre ihre letzte Station vor dem Ausstieg mit komplett neuem Umfeld gewesen, aber nun ging es ja nicht anders, wenn Frau Trümmer und Team sie nicht mehr tragbar fanden.
Dieser Entschluss, Ordnung in ihre äußeren Bedingungen zu bekommen, bedeutete, dass sie ihre unkontrollierten Zustände, Selbstverletzungen und destruktiven Gedanken dem Personal gegenüber überspielte und verschwieg. Sie versuchte, nach außen hin stabil zu wirken, und es gelang ihr doch tatsächlich, das Personal zu täuschen.
Sie bekam ein Zimmer außerhalb des Überwachungsbereiches, sie bekam erste Ausgänge mit dem Personal, die nach und nach erweitert wurden auf Patientenausgang und Alleinausgänge.
Carlotta freute sich einerseits, andererseits war sie sich selbst nicht sicher, ob diese Idee so klug war. Immer wieder traten destruktive Anteile nach vorn und bauten Mist. Sie hatte Angst vor sich selbst.
Die Katastrophe wird komplett
Eines Morgens Ende Oktober 2004 wurde ein neuer Patient eingeliefert und Carlottas Innenleute drehten sofort durch. Carlotta bemerkte es, wusste aber nicht, warum. Sie wusste nur, dieser Patient war einerseits völlig unangenehm, hatte aber solch eine komische anziehende Wirkung auf ihr System. Immer wieder befand sie sich in seiner Nähe, ohne dass sie wusste, warum. Sie fasste einen Plan und wusste intuitiv, dass sie jetzt handeln musste.
Es, was auch immer das ist, … ich habe keine Ahnung, hat sich alles zugespitzt und ist kaum zu kontrollieren. Ich bin wie ein Roboter. Selbst Medis helfen nicht großartig, um mich zu betäuben. Ich hab den Plan gefasst… Wir müssen das hier jetzt beenden. Das ist ganz, ganz wichtig. Ich weiß es – auch wenn ich nicht weiß, warum. Ich hab mir den Pfleger geschnappt und ihm gesagt, ich brauch unbedingt ne Beurlaubung, das heißt heute und morgen. Der hat das Gott sei Dank geglaubt, dass uns diese Kliniksituation so triggert gerade, und hat den AvD gerufen. Dieser kannte uns auch glücklicherweise nicht und hat sich durch unsere „alles ok-Show“ täuschen lassen. Also: Klamotten gepackt und einfach nur raus! Das ging alles so schnell und ich hab erst draußen gemerkt, was das war. Der neu eingelieferte Patient wurde von einigen Innens als Täter erkannt. Wow! Krimi, irreal! Ach was, der Krimi ist längst zum Horrorfilm geworden, in dem ich unfreiwillig mitspielen muss! Frau Sommer sagte am Telefon, dass unsere Leute das gut gemacht haben, Gefahr erkannt, schützen, raus! Wir mussten da weg und zwar Vollgas! Ich hab noch ein paar Zeilen hinterlassen und bin einfach in den Zug gestiegen. Glücklicherweise hat Torben mir angeboten, zu ihm zu kommen.
Zwei Wochen blieb Carlotta jeweils bei Torben und anderen Freunden untergetaucht. Und zwar untergetaucht nicht nur wegen der Täter, sondern auch wegen der Polizei, da die Klinik eine Suchmeldung veranlasst hatte. Carlotta hatte zwar versucht, telefonisch zu erklären, warum sie geflohen war und hatte auch Frau Sommer beauftragt, jeweils in der Klinik und im Büro der betreuten WG anzurufen und ihre Flucht zu erklären, aber es dauerte 2 Wochen, bis diese die Suchmeldung einstellten. In dieser Zeit ging es ihr richtig schlecht.
Oh Mann… muss ich mir Sorgen um uns machen? Ich denke JA. Ich kann echt bald nicht mehr. Allein. Keiner weiß, wo wir sind… und alle wollen uns kriegen. Ich hab richtig, richtig Angst. Aber dieses Gefühl von zu viel Angst und nirgends sicher macht irgendwann auch frei. Ich kann es nicht erklären. Es ist ein ganz komisches, unwohles Gefühl… so ganz ohne Anker und Halt. Alles so scheiße! Bin so fertig, aufgekratzt und einfach nur durch. Kann nicht schlafen, hab Angst, weiß nicht, wie es weitergeht. Allein die Massen an Zigaretten sind mir grad ein Trost. Nicht durchdrehen, jeden Tag neu überleben! Ja, ich glaube, das ist gerade Aufgabe genug! Zumindest Frau Sommer bleibt cool und an unserer Seite – was man von all den anderen nicht behaupten kann.
Carlotta wusste, dass sie nun nicht nachgeben durfte. Sie wusste, dass sie sich einmal mehr denn je um Zukunftsperspektiven bemühen musste und herausfinden musste, was in dieser neuen Situation möglich war. Sie bemühte sich um ein Hilfeplangespräch, wie es mit ihrer Wohnsituation weitergehen könnte. Sie kümmerte sich um ihren Antrag auf weitere ambulante Therapiesitzungen und Grundsicherung. Und sie meldete sich bei Herrn Ahlfeld. Dieser war einerseits entsetzt über die Vorkommnisse, sah aber auch die Entwicklung des Entschlusses, sich schützen zu wollen.
Die momentane Situation würde ich so beschreiben: Gestern stand ich noch am Abgrund! Heute bin ich einen Schritt weiter. Bin schon tot und hab es selber nur noch nicht bemerkt. Ich kämpfe weiter… obwohl ich nur noch heulen, schreien und weg sein will. Das einzige, was aus der ganzen Scheiße resultiert, ist, dass wir uns einmal einig sind. Durch die extreme Gefahr gibt es nur noch den Wunsch nach Schutz.
Carlottas Einsatz sollte belohnt werden. Die Krankenkasse bewilligte 25 weitere Therapiestunden. Der Antrag auf Grundsicherung wurde bewilligt und sie hatte 2 Vorstellungsgespräche in Wohnheimen. Plötzlich ging alles sehr schnell. Ein Wohnheim schied aus, da sie keine Bewohner mit DIS und im Ausstieg aufnehmen wollten (aus schlechten Vorerfahrungen), und das andere machte einen guten Eindruck. Allerdings war es sehr weit von Frau Sommer entfernt, so dass es unmöglich war, weiter Therapie zu machen. Doch darauf konnte Carlotta nun keine Rücksicht mehr nehmen und sagte zu.
Der Abschied von ihrem alten Umfeld, ihren nahen Freunden, ihrem Hilfsnetz und auch der gewohnten Umgebung fiel Carlotta sehr schwer.
Bin nur noch traurig und fertig, obwohl ich weiß, dass es richtig ist und nicht anders geht. Ich bin nur am Heulen und komm gar nicht mehr klar. Ich weiß ja auch nicht, was kommen wird. Ich glaube, ich muss mal alles Revue passieren lassen, was hier alles so abgelaufen ist; wie wir uns entwickelt haben, … oder auch nicht; was wir durch dieses Chaos auch gelernt haben bzw. wen wir Neues in uns kennengelernt haben. Heute stand ich vorm Spiegel und konnte nur noch heulen: Wo bin ich da bloß hineingeraten? Wie tief bin ich innerhalb meines Lebens gesunken? Wenn ich dann im neuen Wohnheim bin, heißt es, den Karren aus dem Dreck ziehen und stabilisieren, dass wir bald zu Herrn Ahlfeld auf Station dürfen und weiterarbeiten können!
Ich hab sooo Angst! Angst vor den Tätern… wir gehen gerade Schritte, die nicht erlaubt sind. Es ist nicht abzusehen, was das für uns bedeutet.
In dem neuen Wohnheim
Nachdem der Umzug mit Hilfe von ihren Freunden Enno, Sunny und Jannis geschafft war, hatte Carlotta nun die Aufgabe, sich in dem neuen Wohnheim zurechtzufinden und einzugewöhnen: an all die neuen Mitbewohner, Betreuer, Regeln, Tagesabläufe. Es stellte sich schnell heraus, dass das gar nicht so leicht war. Besonders das Kennenlernen der Betreuer und die Unterstützung durch diese gestaltete sich schwierig. Das Team war nicht sonderlich daran interessiert, sich auf Carlotta und ihre Situation und Geschichte einzulassen.
In Folge dessen ging es Carlotta immer schlechter und schlechter. In Telefonaten mit Frau Sommer kristallisierte sich die Bedürftigkeit nach Klink heraus.
Herr Ahlfeld wurde informiert und war bereit für ein Vorgespräch.
Allerdings gefiel dem Team des Wohnheims diese Planung ganz und gar nicht. Sie warfen Carlotta vor, sie würde ja nur flüchten, sich nicht der Eingewöhnung stellen, und dass es Regeln gäbe, dass sie, wenn überhaupt, nur für ein paar Tage in die Klinik dürfe, weil ansonsten die Finanzierung ihres Platzes nicht gesichert wäre. Das war natürlich ein riesiger Schock für Carlotta und sie war einfach nur enttäuscht, warum alles ewig so schwer und kompliziert sein musste; warum ihr ewig alle anstrengend erbauten Kartenhäuser schnell wieder zusammenfielen.
Allein in einer Umgebung aus Schmerz, Unruhe, Chaos, Druck und Angst. Hilfesuchende Blicke ins Nichts. Wie umgehen damit? Wie überleben? Kein Mensch wird das je nachempfinden und verstehen können. Auf lahmen Beinen müssen wir dem unklaren Ziel entgegenstolpern – immer wieder den Mut fassen und die Hoffnung haben, wieder aufzustehen und weiterzugehen. Das Ziel ist wohl: Irgendwie dem Ausweg näher zu kommen als dem Tod. |
Schlussendlich wurde ihr aber klar, wenn dies wirklich die Regeln wären, würde es dort über kurz oder lang… eher kurz… zu Ende gehen. Denn sie hatte ja vor, weiter mit Herrn Ahlfeld in Intervallen am Ausstieg zu arbeiten.
Das Vorgespräch mit Herrn Ahlfeld fand schließlich statt. Er hatte sich zusätzlich mit der DIS Expertin Frau Huskamp beraten und präsentierte folgenden Plan und folgende Konditionen für Carlotta und Co:
- Aufnahme nur auf der geschlossenen Station (wegen der Sicherheitsbedingungen),
- kein Ausgang, kein Handy, kein Stationstelefon, keine „private“ Post, keine Besuche, keine Identifikation mit Satanismus (keine schwarze Kleidung, Schminke, Musik, Bücher und ähnliches),
- Gewaltverzichtsvertrag,
- vertragliche Regelung, dass sie das Team ggf. auch gegen ihren Willen auf Station halten durfte.
Carlotta hatte wenige Tage Zeit, sich zu entscheiden, die Verträge selbstständig vorzubereiten und dann zu- oder abzusagen. Sie sagte letztendlich zu, weil das Verbleiben in ihrem sich immer weiter verschlechternden Zustand im Wohnheim das schlimmere Übel gewesen wäre. Carlotta wohnte somit nur wenige Wochen in diesem Wohnheim.